Grün. Und pink. Und alle Farben des Lebens! Die Berufliche Oberschule Passau zeigt engagiertes Theater im Zeughaus

Die Schultheatergruppe der Beruflichen Oberschule Passau hatte am Samstagabend einen wirklich bemerkenswerten Auftritt im Passauer Jugendzentrum. Die Formation ist aus dem Wahlpflichtfach „Szenisches Gestalten“ um dessen Leiterin Frau OStRin Julia Gais heraus entstanden; und bald schon waren weitere bühnenbegeisterte junge Leute aus anderen Jahrgangsstufen, ja sogar Ehemalige der Schule dazugestoßen. – „S.O.S. – Save Our Sons, Sisters & Souls” heißt das Programm, das sich unter der Ägide von Frau Gais aus dem Kreis der Schülerinnen und Schüler heraus entwickelt und zu einem packenden Gesamtevent verdichtet hat. Ausschnitte daraus waren schon bei der Zeughaus-Aktionswoche „Passau ist bunt“ vor einigen Wochen gezeigt worden. Und das kam – völlig zu Recht – so gut an, dass die Jugendhausleitung den jungen Künstlerinnen und Künstlern prompt anbot, einen kompletten Abend zu gestalten.
Ein Abend, der es in sich hat und in seinen vier Akten das begeisterte Publikum auch fordert: Da wollen plötzlich die eigenen Zimmerpflanzen nicht mehr! Aber die in allen Grünschattierungen phantasievoll und prächtig kostümierten Gestalten lassen nicht einfach nur die Blätter hängen, o nein! Statt bloß müde zu blühen, werden sie renitent und melden ihre Bedürfnisse unmissverständlich verbal an. Direkt emotional erfahrbar wird das Leiden der pflanzlichen Mitbewohner, als ein neues, der Obrigkeit aber missliebiges technisches Gadget ins Spiel kommt. Es übersetzt nämlich die Befindlichkeit der Pflanzen in musikalische Muster. Das Aha-Erlebnis bei der erstaunten Pflanzen-Besitzerin und dem Publikum ist groß: Klar, jedes Lebewesen hat eben seine Bedürfnisse und möchte nach diesen leben und behandelt werden! Pflanzen oder Tiere können das nicht so prononciert ausdrucken – aber dafür gibt es ja die spielerische Möglichkeit der Theaterbühne.
Auf dieser breitet sich die Protestkultur sogar noch aus, denn als die Zimmergärtnerin erschöpft auf dem Sofa einschläft, machen sich (wirklich nur im Traum?) die Pflanzen auf den Weg und sprengen spöttisch-aufmüpfig den Video-Auftritt eines blitzlichtumwitterten Ministers, der gerade gegen Klimakleber verbal mobilmacht. Und die Polizisten-Stoffhandpuppe schafft es nur gerade so und nicht so richtig, die entgleisten Pflanzen wieder in den Griff zu bekommen. Eine urkomische Szene!
Dann der Wechsel ins Idyllische: Diesmal sind es die pflanzlichen Bewohner eines Parks, die köpfchenschüttelnd das Gehabe der Menschen beobachten und kommentieren. Da ist die Weide, die es einfach überhat, dauernd Namen und Herzchen eingeritzt zu bekommen, und sich das künftig energisch verbittet. Da sind unten am Boden die weißen Stiefmütterchen, die sich kopfschüttelnd die Blüten-Mäulchen über das dümmlich-naive Gebaren eines menschlichen Liebespaars zerreißen. – Was die Herren Statler und Waldorf in der „Muppet Show“ können, kann das „junge Gemüse“ von heute schon lange!
Die Schlussbotschaft kommt als chorisch perfekt performter Rap: „Die Zukunft ist pink“. Das mag, farblich oder politisch, nicht allen gefallen. Aber es wird wirklich eng für unsere Umwelt und mit ihr auch für uns. Es kann jäh kommen, und da sollte klar sein, dass es mit einer ewiggestrigen Haltung nicht mehr lange weitergeht. „S.O.S. – Save Our Sons, Sisters & Souls” bringt es auf den Punkt – wir brauchen Offenheit und Verständnis für alles Leben und alle Lebensweisen auf der Welt! Mehr weiblich-bewahrende Mitbestimmung und Mitregierung ist etwas, worüber wir uns alle Gedanken machen sollten. Aber ist das „weiblich“? Sollte das nicht einfach menschlich sein, ist das nicht eigentlich nur humanistisch? Diese Reflexionen haben die jungen Leute der Beruflichen Oberschule mit eminenter Spielfreude und wirklicher Bühnenbravour dem Publikum mit auf den Weg gegeben. – Ein lohnender, ein wirklich großartiger Abend!

Stephan Reiter

 

 

Jugend debattiert

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